Cat Cocos II
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Cat Cocos II

Auf Cat Cocos durch den Indischen Ozean

Mit nur 86.000 Einwohnern und einer Landfläche von gerade einmal 454 km² (zum Vergleich: das Bundesland Berlin hat alleine 891 km² Fläche) gehören die Seychellen vor der Ostküste Afrikas zu den zwanzig kleinsten Staaten der Erde. Zählt man jedoch die 200-Meilen-Zone im Indischen Ozean hinzu, so kommt man auf nicht weniger als 1 Mio. km² Fläche, denn die Inseln liegen sehr weit im Meer verstreut. Während die Inlandsflüge von „Air Seychelles“ einen Teil der Beförderung von Passagieren übernehmen, nutzt der andere den traditionellen Seeweg an Bord eines Schiffes. Das Flaggschiff dieser Inlandsrouten ist dabei ohne Zweifel die Cat Cocos, ein 2007 in Australien gebauter Katamaran, der die beiden größten Inseln der Seychellen verbindet.

Die Seychellen, die lange Zeit französische und zuletzt britische Kolonie waren, sind seit 1976 ein unabhängiger Staat. Nach einem Staatsstreich und einigen Jahren als sozialistische Republik sind die Seychellen seit Anfang der 1990er Jahre eine nach britischen und deutschen Vorbild gestaltete parlamentarische Demokratie, deren Wirtschaft sich durch den Preisverfall der ursprünglichen Exportgüter wie Kopra (das getrocknete Fleisch der Kokosnuß) und Gewürze hauptsächlich auf den Tourismus konzentriert. Allerdings ist Massentourismus á la Mallorca Fehlanzeige. Vielmehr bevorzugt man einen hochpreisigen Tourismus, um die nicht allzu langen Küstenlinien nicht zu überlasten.

Andererseits muß den betuchten Besuchern dafür natürlich auch etwas geboten werden. Wenn der Tourist erst einmal festgestellt hat, daß man für die Erkundung der größten Insel Mahé mit dem Leihauto trotz eines Tempolimits von 65 km/h gerade einmal einen Tag benötigt, ist er natürlich interessiert an den anderen Inseln, auf denen er Nationalparks mit heimischer Fauna, große Meeresschildkröten oder vorgelagerte Korallenriffe bestaunen kann.

Schon bald wurde das „Inselhopping“ zu einer Selbstverständlichkeit, und motorisierte Segler und konventionelle Passagierboote brachten die Touristen auf die Nachbarinseln. Es dauerte nicht lange, und zwischen Victoria, der Hauptstadt auf der Insel Mahé, und Praslin, der zweitgrößten Insel mit dem Nationalpark „Vallée-de-Mai“ wurde mit der Cat Cocos (1) ein Katamaran eingesetzt. Jetzt dauerte die Fahrt nur noch 1 Stunde, doch das bei Cougar Catamarans Australia in Queensland gebaute, 27 m lange und 9,5 m breite Schiff hinterließ bei seinen Passagieren nicht immer angenehme Erinnerungen. Schon bei geringem Seegang schaukelte der Katamaran so sehr, daß seine Passagiere für die Schönheit des Indischen Ozeans nicht mehr viel übrig hatten.

So wurde bald darauf ein etwas größerer Katamaran in Australien bei Aluminium Marine Reefmaster bestellt, der im November 2006 vom Stapel lief. Als Cat Cocos II sollte das Schiff ab März 2007 für mehr Komfort und eine noch schnellere Beförderung sorgen sollte. Nach ein paar Verzögerungen konnte der Neubau schließlich in Brisbane an Bord eines Frachtschiffs verladen werden und verließ Australien am 27. April mit Kurs auf die Seychellen, wo er am 17. Mai ankam.

Vier Tage später wurde der neue Stolz der „Inter Island Boats“ von Annick Albert, der Gattin des Reederei-Chefs Joseph Albert, auf den Namen Cat Cocos (2) getauft. Das mit einem dunkelblauen Rumpf versehene Schiff hat dabei von seinem nach Australien zurückgegebenen Vorgänger nicht nur den Namen übernommen, sondern auch die farbenfrohe Gestaltung des Aufbaus vor der Brücke mit Palmen und Kokosnüssen. Seychellen 055

Am 22. Mai 2007 nahm das 35,2 m lange und 10 m breite Schiff dann den Dienst von Victoria nach Praslin auf. Mit seiner Dienstgeschwindigkeit von 35 kn konnte das neue Schiff die Überfahrt noch einmal um eine Viertelstunde gegenüber Vorgänger senken. Außerdem werden Schwankungen durch Seegang mit einen Computer automatisch ausgeglichen werden. Dennoch kritisierten beispielsweise deutsche Urlauber nach der Indienststellung, daß der neue Katamaran nicht nur etwas lauter sei, sondern genauso stark schlingere wie die alte Cat Cocos.

Am 7. April 2009 hatte ich die Gelegenheit, mir an Bord der Cat Cocos auf einer Reise von Mahé nach Praslin und zurück ein eigenes Bild zu machen. Für eine Tagestour nach Praslin und La Digue, der viertgrößten Insel, bestiegen wir den Katamaran frühmorgens in Victoria. Der gewöhnliche Passagier steigt dabei am Heck des Schiffes ein. Von dort kann er sich entscheiden, ob er gerne an Oberdeck sitzen möchte oder sich in den Salon des Schiffes begibt. Seychellen 180Das kann allerdings gefährlich werden, denn nachdem man sich daran gewöhnt hat, daß es auf den Seychellen zu keiner Tages- oder Nachtzeit kühler als 28° Grad ist, sehnt man sich in dem überklimatisierten Innenraum das erste Mal nach Tagen wieder nach einem Pullover.

Auch die in einer Dauerschleife auf uns herabrieselnde landestypische Musik wäre eigentlich ein Argument gewesen, sein Glück einmal an Oberdeck auszuprobieren. Andererseits wirkten die wie im Flugzeug aufgestellten Sitze doch recht einladend, so daß wir eine mögliche Erkältung und einen musikalischen Ohrwurm schließlich in Kauf nahmen.

Wenn die Cat Cocos erst einmal die Leinen losgeworfen hat, geht alles sehr schnell zu. Im Salon, der in dunklen Blautönen gestaltet ist, wird der Passagier mit einem auf Englisch und Französisch gesprochenen Filmchen begrüßt und ihm versichert, daß auch hier seine Schwimmweste unter dem Sitz ist. Gleichzeitig hat das Schiff eine schnelle Wende hingelegt und braust schon bald mit Höchstgeschwindigkeit nach Praslin, um auch hier fast bis an den Anleger zu rasen. Die Fahrt verläuft ruhig, der Indische Ozean verhält sich heute wie ein Ententeich, es gibt keine Schwierigkeiten.

Seychellen 205 - KopieWer möchte, kann sich jetzt im Salon einen Snack und ein Getränk besorgen. Außerdem läuft dort „Beverly Hills Chihuahua“, ein hochaktueller Film, der zu diesem Zeitpunkt in Deutschland noch lange nicht zu sehen ist. Wir wundern uns allerdings, warum auf einer 45-Minuten-Fahrt ausgerechnet ein 90-Minuten-Film gezeigt wird. Wäre da nicht ein Disney-Comic geeigneter gewesen?

Das Ausschiffen der maximal 350 Passagiere auf Praslin verläuft zügig. Gepäck ist an diesem Morgen nicht viel an Bord (die neuankommenden Touristen werden erst mit der zweiten Fahrt kommen) und Fracht transportiert die „Kokoskatze“ sowieso nicht. Dafür werden Frachtfähren eingesetzt, deren Form man vom Fährverkehr zu den ostfriesischen Inseln kennt. Seychellen 228

Wer möchte, kann jetzt mit der ebenso 2007 von Aluminium Marine Reefmaster abgelieferten „kleinen Schwester“ der Cat Cocos, der Cat Rose´s (nach dem Eigner William Rose, 24,8 m Länge, 7,5 m Breite, 125 Passagiere) zur viertgrößten Insel La Digue weiterbrausen, die nach 15 Minuten Fahrt erreicht wird. Alternativ gibt es hier allerdings noch den Motorsegler. Während die Cat Cocos am Tage lediglich drei, manchmal auch nur zwei Rundfahrten unternimmt, fährt die Cat Rose´s von 7 bis 18 Uhr bis zu acht Mal zwischen den Inseln hin und her. Außerdem dient sie bei Ausfall der Cat Cocos als deren Ersatzschiff und kann auch als Ausflugsschiff genutzt werden (Zitat Bauwerft: „The upper deck has a full walk around Portuguese bridge for activities such as whale watching and sunset cruising.“).

Interessant wird es am Ende eines Einsatztages der Cat Rose´s. Nachdem alle Passagiere das Schiff in Praslin verlassen haben, fährt der Katamaran vor den kleinen Hafen auf die Reede, wo die Besatzung das Schiff verankert, dann ein Boot zu Wasser läßt und wieder ans Ufer zurückfährt. Warum das Schiff nicht einfach am Anleger, den sonst eigentlich keiner benutzt, liegenbleibt, konnte ich nicht herausfinden.

Zurück auf die Cat Cocos, die bereit ist zu ihrer letzten Abfahrt an diesem Tag nach Victoria. Ich spare mir dieses Mal die Kühle des Salons und beschließe, mich auf dem Oberdeck niederzulassen. Meine Reisebegleitung schaut sich derweil im Salon noch einmal die erste Hälfte von „Beverly Hills Chihuahua“ an. „Immerhin sind wir dieses Mal zwei Minuten weitergekommen.“ Ich sitze dagegen auf dem Oberdeck oberhalb des Hecks, lasse mir den warmen Fahrtwind um die Ohren rauschen, beobachte die Sonne, die hinter Praslin verschwindet und genieße die hier schon früh einsetzende Dämmerung. Wir befinden uns nur wenige Grad südlich des Äquators, da ist um 19 Uhr dunke Nacht.

Seychellen 232aGerne hätte ich mich auch an den Bug des Schiffes gesetzt und in Fahrtrichtung geschaut. Aber da habe ich keine Chance. Einen freien Decksbereich gibt es dort nicht und von unserem Salon aus ist auch nichts zu sehen. Dieser Blick ist den Leuten der Business-Class vorbehalten. Die Cat Cocos ist tatsächlich ein Zwei-Klassen-Schiff. Wie es im Business-Bereich aussieht, wo man auf die 42 € für das Retour-Ticket noch einmal 15 € drauflegt? Ich habe es nicht selbst herausbekommen, denn schließlich steigen die maximal 34 Business-Class-Passagiere am Bug ein und nicht wie wir am Heck. Ein Seychellentourist berichtet: „Du bekommst einen kleinen Snack, etwas zu trinken, die Klimaanlage ist ca. 5 Grad kälter als die Mittelklasse, hast bequeme Sitze mit Beinfreiheit und kannst die schlechten Filme besser sehen. Schlecht wird dir genauso dort, wenn du anfällig bist (die Tüten sind mit denen in den anderen Klassen identisch...).“

Übel wird mir jedenfalls auf der Rückfahrt wieder nicht und auch sonst entdecke ich keinen, dem die Fahrt nicht bekommt. Insofern sind auch Spekulationen, daß die Sechellois das Programm, mit dem das Schlingern verhindert werden soll, abstellen, um selbst ein bißchen mehr Spaß zu haben, an diesem Tag müßig. Vielmehr habe ich nach dieser Fahrt das Gefühl, mit einem gut gepflegten, sauberen und leistungsfähigen Schiff gefahren zu sein. Ein Schiff, auf das seine Besatzung stolz ist, denn wie soll man die große Aufschrift im Heckbereich („Proudly Sechellois“) anders interpretieren? Ein stolzer Sechellois eben!

Da die Quellenlage sich bei diesem Artikel als äußerst schwierig darstellte, habe ich mich größtenteils auf Angaben aus dem Internet verlassen müssen. Neben dem DuMont-Reiseführer von Wolfgang Därr (Ostfildern 2007) übernahm ich Informationen von der Reederei-Seite www.catcocos.com und der Seite der Bauwerft www.aluminiummarine.com.au. Außerdem habe ich mir mit Hilfe des Forums der Seite www.seychellen-infos.de an den Stellen Informationen herausgearbeitet, an denen mir als Seychellen-Neuling das Expertenwissen fehlte.

Ralph Christian Schöttker

Cat Cocos

Länge über alles: 35,20 m Länge in der Wasserlinie: 30 m Breite: 10 m Tiefgang: 1,8 m  Passagiere: 350 Maschinen: 2 * MTU 12V4000 mit 2 * 2335 PS Geschwindigkeit: 35, max. 38 Knoten.

Cat Rose´s

Länge über alles: 24,80 m Länge in der Wasserlinie: 23,80 m Breite: 7,50 m Tiefgang: 1,10 m  Passagiere: 125 Maschinen: 2 * Caterpillar C18 mit 2 * 870 PS Geschwindigkeit: 25, max. 31 Knoten.

Veröffentlicht in FERRIES 2/2009.